Burgställe und Wallanlagen

(Mittelalterliche) Gerichtsbarkeit

Criminal-Proceß
(Wolfgang Jetzinger betreffend)

(*) Wolfgang J…….  gewesten Bürgers und Tagwerkhers zu Mölck, in puncto Latrocinij et furti, hingericht mit dem Rad den 11. May anno 1708.

 
Gerichtssitzung
Entnommen aus: Die alte Heimat – Beschreibung des Waldviertels um Döllersheim – (Nachdruck) Horn 1981, Seite 16
 
Summarische Handlung Lit. A.

Bey dem Markht Gericht zu Mölckh, Wolfgang J……. behauster Tagwerckher allda betreffend.
Demnach bey allhiesigen Marckhtgericht durch allgemeines Ander unterschiedlicher Persohnen vorkhomben, daß den 20. Jener Lauffenden 1708ten Jahres Späten abends, eine Manß Persohn von langer Statur mit Wolfgang J……. alß selbiger von Wienn nacher Haus gereist, alhie ankhomben, und Bey ihm über nacht geblieben, alß dann der J. mit diesen fremden Menschen gegen Märzelstorff eine Stunde von Mölckh ligent, gegangen, und umb selbige Täg oberhalb Märzelstorff in einen Wäld, eine Todte Mans Persohn (*), welche unterschiedliche Wunden Empfangen Gefunden worden, woraus die Muethmaßung Entstanden als ob es derjenige Mensch seye, welcher den J. beleitet hat.
Item daß der J. umb selbige Zeit bey des alhiesigen Goldschmidts Lehr Jungen ein Ringl habe sehen lassen, und Gefragt ob das Ringl Gold seye oder nicht? welches der Goldschmidt Jung für Messing zu sein erkhennet hat, der J. aber den Jungen verboden habe, daß er es seinen Meister nicht sagen solte, hingegen aber der Goldschmidt selbsten gesehen, daß der J. mit dem Jungen in den Goldschmidt Laden geredt habe, Ingleichen daß der J. selbiges Ringl einen Fleischhaker Knecht alhier Namens Josef St…. pr. 3 fl. angefailt habe, und gesagt daß er das Ringl sambt einem Beidl in nachhaußgehen von Pechlarn unweit Wörths gefunden, und das Beidl seinen Mädl geschenkht habe;
Alß ist anhennt Untengesezten Dato offtbenenten Wolfgang J. Vor alhiesiges Marckhtgericht gefodert und in der Guete Summariter gefragt worden, ob denn also, daß eine dergleichen Persohn wie oben gemeldet mit ihm alhero auf Mölckh khomben seye und den Er in seinen Hauß über nacht beherbergt, wie auch des andern Tags auf Märzelstorff zue begleidet habe?
Worauf er J……. ganz Verschrothen ausgesagt daß alß Er vor ungefähr 3. Wochen von Wienn nach Hauß gereist seye unterhalb des Anzbach, Ein Junger Starckher Mensch Von Persohn Lang und woll gestaltet zu ihm Khomben, in der Hand einen Stoß=Degen und Unter den armben ein Pünckherl von gruener Leinwath tragend alß Er nun Von Ihm J. vernomben daß Er nach Mölckh gehe, habe er gebeden ihm mit khomben zu lassen, auf der Rayß habe Er sich bald für einen Gardner, Bald für einen Maller außgeben, und darbey gesagt daß Er nacher Salzburg zu Raysen willens sey; seindt also Beide denselben Tag bis nach neuen Lembach Khomben, und bey einem Wirth, welcher ein Fleischhackher, das Handwerckh aber nit treibet die einckher genomben, und alda über Nacht gebliben; deß andern Tags wären sie auf Mitdag auf Böheinbkirchen khomben jeder aldorten einen Trunckh Wein Gethan, auf die Nacht aber seindt sie auf Marckherstorff Khomben, und aldort bey dem Pöckhen über nacht Gebliben alwo sye den Träxler von Maria Täfferl und den Träxler von Mölckh, welche alle Beide auch alldort gebliben, angetroffen; Sontags darauf sind alle Vier Von Mitdag auf Lostorff Khomben alwo sie in die Kirchen gangen und den Gotdesdienst beygewohnet haben, und alß sie auß der Kirchen gangen, habe er J… seinen Reyßgespan mit ihm zu seinen Schwagern Matdhiaser Weinberger alldorten genomben allwo ihm der frembde ein Pfund Schweiners Fleisch Kochen lassen welches Er auch allein verzöhret habe; Von Lostorff sind sie Beide auf Albrechtsberg zuegegangen alda habe Er J… bey dem Lurger, ein Post abzulegen gehabt, von Albrechtsberg sind sie auf Spielberg khomben, und haben bey dem Grüßt alda einen Wein getrunckhen, von Spielberg seind sie Mölckh zuegegangen; Unterwegs aber hätde der Rayßende Gadner ihm J…. ein Plaues Par S. V. Strimpff angefeilt, die Er ihm auch abgekaufft und gleich an der Stöll mit drey Siebenzehner Bezahlt hat, die Strimpff hädte Er gleich in seinen Ranzen gestöckht und solche mit nach Hauß getragen; in dem Vormarckht allhier sind sie Beide zu dem Tischler gangen alwo er J… auch eine Post abzulegen gehabt, und alß sie Von dem Tischler hinweg gangen hädte der Gardner gesagt daß er ganz Mieht von der Reyß seye, Sintemalen Er Unlängst das hietzige Fieber Gehobt, und selbige Kranckheit hätde ihm über dreyßig Gulden gekostet; Er habe wenig Geld zu zöhren und wisse nicht wo er dise Nacht einckheren solte, Darauf hädte er J… gesagt wan Er Vorlieb will nemben? will Er ihm gehrn über Nacht behalten, welches der Gardner angenomben ist auch mit ihm gangen und über Nacht allda geblieben. Montags darauf alß den 30. Jener habe der Gardner einen Siebner auf den Fruehstuckh hergeben und 2 Pfund Rindfleisch Khaufft, solches gekocht, und ihnen aufgesetzt welches sie genossen und 1 Maß Pier darzue außgedrunckhen; Nach diesen haben Sie Beide ihren Weg auf Märzelstorff zuegenomben, weillen der Gardner gesagt Er hädte zu Wolfpässing einen Landts Man dem Er zuegehen will hädte Ihm alßdann bis oberhalb Märzelstorff an daß Wäldl allwo die Zelckhinger Weingärden heraufstossen begleitet, und wie sie dorthin Khomben sind zwey Holzhackher durch die Weingärden herauf gegen dem Wäldl gehent zu ihnen khommen Welche gesagt hädten sie gehen Unweith Wollfharts Brunn Holz Hackhen, wan der Reisende will mit ihnen gehen so wollen sie ihm den Weg weisen daß Er gahr auf Wolffpässing wird sehen können. Er J.. habe alß dann seinen Rayßgenossen diesen zwey Holzhackhern übergeben. Er aber seye Von ihnen hinweg gangen und seinen Weg auf Pechlarn genomben alwo Er über die Donau gefahren und auf Klein Pechlarn zu dem Schilcher bey welchen Er den Vergangenen Summer bey den Maurern zugericht gangen und willens Sein noch anständiges restl so sich bei 1 fl. 30 kr. bellauffet einzufordern, er hädte aber den Schilcher zu Hauß nit angetroffen, dessen Weib aber hädte zu Ihm gesagt daß sie es ihren Man sagen wolle, Er seye alß dan wieder über die Donau ganz allein herüber gefahren und selbigen Tag umb 4 Uhr abents nach Hauß khomben. Hierauf ist ihm vorgehalten worden wo Er daß Ringl genomben, welches Er dem Goldschmidts=Jungen sehen lassen und warumben Er ihm Verbodten, daß Er seinen Maister nichts hiervon sagen solle? Folgents auch selbiges dem Fleischhackher Knecht pr. 3 fl. angefailt, mit der Bedeutung daß Er es samt einen Beidel gefunden habe?
Antworth Er habe dieses Ringl als Er anietzo zu Wienn Gewest bey dem Rothen Thurn auf dem Weg in den S. V. Khod gefunden, bey welchen auch ein Kreuzer Gelt gelegen; bey dem alhiesigen Goldtschmidts Jungen seye Er nie gewest.
Er hedte ihm auch das Ringl nicht sehen lassen, dem Fleischhacker Knecht aber habe er solches zu 3 fl. angefailt hedte aber nicht gesagt, daß er es in dem Wörth sambt einen Beidel gefunden hedte; Worauf ihm der Goldschmidt und sein Jung wie auch der Fleischhacker=Knecht vor Augen gestöllt werden die ihm alles daß waß oben beschrieben und sie Vorhero bey Gericht ausgesagt unter das Gesicht gesagt haben, Er aber ist auf seiner Rede gebliben daß Er daß Ringl zu Wienn, und nicht in dem Wörth gefunden hedte. Daß J……. Eheweib hat auch in Beysein ihres Mannes außgesagt daß er obengedachte S. V. Strümpfe nicht in seinen Ranzen nach Hauß gebracht habe indem sie den Ranzen, sobald ihr Mann nach Hauß khomben visitiret und in selbigen nichts als sein Schnur oder Leindl gefunden habe.
Auf vorgenannte Indicien, ist vor dem Marckht=Gericht beschlossen worden daß mit Vorwissen der Löbl. Cammer allhier der J……. in die Eysen geschlossener Arrestirt werden sollte. – Alß ihm nun durch den Gerichtsdiener die Eysen vorgelegt worden, hat er sich etwas alterirt erwiesen worauf ihm mit Ernstlichen Worten, jedoch ohne der geringsten Bedrohung oder Verheyssung einiger Gietigkeit zuegesprochen worden wann Er umb die geschehnen Mordtad Wissenschaft habe solches in der Giete zu beckhennen. Hirauf gibt er zur antworth, Er hedte es allein nicht gethan Sondern diejenigen zwey welche durch die Zelckhinger Weingärten gegen den Wäldl hehend auf den Weg zu ihnen khomben hedten ihm diesen Menschen ermorden helffen. Bevor sie aber den Raysenden angriffen sey einer in einen Braunen Rockh den er vor einem Jahr zu Zelckhing in der Kirchen gesehen ihm sonsten aber weiter nicht khenne Still gestanden und gefragt wer der Raysende sey, welcher Voran gehe? Ob er etwan ein Yber Reither sey, und ob er Gelt bei ihm habe? sie wollten sehen daß sie Gelt von ihm bekhomben könnten; er J….. aber gab zur Antwort daß sich dieser Mensch bald für einen Gardner, bald für einen Maller, und bald für einen Baader ausgebe; Er werde aber wenig Gelt bei ihm haben dieweil Er erst gestern aus Mangl des Gelds 1 Paar Strimpf umb drey Siebzehner verkaufft habe, worauf derselbige Mann zu ihm J….. weiters gesagt, er solle nur ein wenig Vorauß gehen, sie wolltens schon recht machen, welches Er auch gethan. Als sie nun weiter in das Wäldl khomben, habe der Mann in dem Braunen Rockh mit seiner bey sich gehabten Hackhen dem Reysenden Gardner einen Streich auf den Kopf gegeben und gleich darauf hedte ihm auch jener im Weissen Rockhe welcher mit dem Vorigen wie gesagt auf den Weg zu ihm khomben den anderten Streich auch mit seiner bei sich gehabten Hackhen auf den kopf gethan. Auf welchen Streich der Gardner zu Boden gefallen und geschrieen Jesus, Maria, und Joseph, mueß ich den da meinen Geist aufgeben, den dridten Streich habe Er J……. mit seinen bey sich gehabten Reyß=Häckhl auch auf den Kopf gethan, haben dann alle drey nicht mehr nachgelassen biß sie diesen Menschen Völlig ermordet haben. Nachdem er nun Todt war haben sie ihm visitiret, und seine Säckh und Taschen Umbgekehrt; sie hedten nicht mehr als drey Siebenzehner Gelt bei ihm gefunden, die sie auch an derselben Stöll getheilet, den Todten körper aber hedten sie in seiner völligen kleydung an der Stöll wo er umgebracht ligen lassen, daß er dann mit dem Kopf gegen Ornding und mit dem S. V. fuessen über den Weg gegen Zelckhing gelegen; des Entleibten Degen hedte dieser zu sich genomben, so den Ersten Streich gethan, das Pünckherl aber hedte jener im weissen Rockh genomben so den andtern Streich gethan. Er J……. hedte nichts als einen Siebzehner gehabt, seind nach diesem alle drey zugleich auß dem Wäldl gangen, die Zwey mit Gehilffen hedten ihren Weg auf Ornding zuegenomben, Er aber sey auf Pechlarn gangen sein ausständiges Schildl wie oben gemeldet einzubringen weillen Er aber unverrichter Sachen zuruckhkomben mußte sey er Nachmittag Umb 4 Uhr nach Hauß khomben.
Beschließt für diesmal hiemit seine Aussag.
Darauf ist Er Geschlossener in Arrest geführt worden.
Act: Mölckh den 17. Februar 1708.
L. S. Markht Gericht alda.

Am 24. Februar erfolgte neuerdings ein „Guetiges Examen“, bei welchem dem Inquisiten 37 Fragen vorgelegt wurden. Die gegebenen Antworten enthalten mit unwesentlichen Abweichungen den früher angedeuteten Sachverhalt nur mit dem Unterschiede, daß J……. schließlich eingesteht das Verbrechen allein ohne Mithilfe, wie er früher ausgesagt, begangen zu haben; worauf er als Geschlossener wiederumb in den Arrest geführt worden. Actum Markht Mölkh auf gemeines Markht Rathhaus den 24. February 1708.

L. S. Johann Wilh. Dunkhl,
Markht und Pann Richter alda.

L. S.  Andreas Rieser. L. S. Albrecht Raschberger.
L. S. Johann Führer. L. S. Mathias Deuber.
L. S. Michael Mahringer. L. S. Vassus Victor Höbler.

Am 14. März erfolgte ein weiteres Guetiges Examen, worauf das diesbezüglich gefaßte Parere den Rechtsgelehrten vorgelegt und nach deren fachmännischer Begründung nachstehendes Urtheil gesprochen wurde:

Endt=Vrthl.

Wir Markth und Panrichter wie auch Gerichts=Assesores des Löbl. Exemten klosters Mölkh habenden Landgerichts alda haben das in puncto Latrociny einkhombenen Wolfgang J……. vorgenommenes Criminal=Examen alles Fleißes mit einhollung deren Herren Rechtsgelehrten Parere durchgangen, und erkennen zu Vrthl und Recht, daß Wolfgang J……. dem Freymann übergeben auf die gewöhnliche  Richtstatt geführt, und alda mit dem Radt von oben herab erstlich auf den Halß hernach auf das Herz, und ihm also alle Glieder abgestoßen mihin vom Leben zum Todt hingericht, der todte Körper auf das Radt geflochten, über denseben ein Galgen mit einem Strang aufgerichtet werden solle; dieses ihm und seines Gleichen zu einer wohlverdienten Straff, anderen aber zum Exempel und Abscheu.
Actum Mölkh den 30. Marty Anno 1708

Markht und Panrichter wie auch Gerichts=Assessores, alda.

Nach der am 16 April 1708 erfolgten Bestätigung dieses Urtheils von Seite der h. Regierung wurde am 11. Mai 1708 die Hinrichtung in nachstehender Weise vollzogen;

Executions=Formb.

Drei Tag vor der Execution ist dem armen Sünder der Todt folgender maßen anzukünden. Es gehet der Marktschreiber nebst zwey Gerichts=Assessoren in das Diener Hauß rueffen den armen Sünder vor sich setzen sich an den Tisch wie daß selber über seine begangenen und Bekhennten Mißethaten auf das von dem Landtgericht Mölkh geschöpfte und von der Hochlöbl. Regierung ratificirte End=Vrthl und zwar nächstkhombenden Freytag sterben müsse, derohalber er sich mit Godt versöhnen solle; wann dieses beschehen treten die Gerichts Personen ab, entgegen die Geistlichen ein, und disponiren ihm dann zum Todt. Diesen und den folgenden Tag bleibt der arme Sünder ausgesetzt, und den dridten Tag Vormittag wird die Execution vollzogen. Bei Ankündigung des Todts ist ihm mit nichten anzudeuten mit was er hingerichtet werde, sondern alleinig daß er sterben müsse: An dem Tag der Execution (weillen zu Mölkh solches vorhin gebräuchlich gewesen), sitzen Herr Markth und Pan Richter wie auch sämmtliche Gerichts Assessores vor dem Rathhauß umb gewöhnliche Zeit in einer ordentlichen Schranne lassen den armen Sünder durch den Gerichts Diener  wohlverwarther vor sich eintreten und das Vrthl in nachfolgender formb ablesen.
Gegenwärtige Vor und aufgeführte verheyerathe Manns Persohn Wolfgang J……. bei Vierzig Jahren alt katholischer Religion in Ober=Oesterreich in S…. gebürtig hat in den mit seiner Persohn vorgehabten Guetig Examine bekhennet, und ausgesagt daß .. (folgt der ganze bekannte Thatbestand).
Diese seine begangene Missethaten seyen ihm von Herzen leyd Befehle sich Godt und der Obrigkeit und erwarte ein gnädiges Vrthl.
Hierauf fragte ihn Herr Panrichter: Wolfgang J……. hast du die Verbrechen vernommen, und er antwortet Ja, es ist alles dem alßo. Höre also dein Vrthl.


Ein am 22. 9. 1589 zum Tode Verurteilter wird mittels Leiterwagen und Pferdegespann (*) zur Hinrichtungsstätte gefahren. Rechts oben mehrere gehängte Körper auf aufgerichteten Rädern
(Bild entnommen aus: Wolfgang Schild Die Geschichte der Gerichtsbarkeit, 2002, Seite 53)

Hierauf soll kraft des bei allhiesiegen Landgericht geschöpft  und von Einer hochlöblichen N.Ö. Regierung Confirmirten Vrthls Gegenwärtiger Delinquent Wolfgang J……. dem Freymann übergeben werden daß selbiger auf die allhiesige gewöhnliche Richtstatt geführet und alldorten mit dem Radt von oben herab anfangs der Halß hernach das Herz, nachmahlen alle Gliedmaßen abgestoßen und also vom leben zum Todt hingerichtet, der todte körper auf das Radt geflochten, und über das Radt ein Galgen mit einem Strang aufgerichtet werden solle. Dieses ihm zu einer wohl verdienten Straff, anderen aber zu einem Spieglenten Exempel und Abscheu.
Nun wird der arme Süner dem Scharfrichter übergeben, und weichet also das Criminal Gericht von einander, Herr Pan Richter aber reitet zu dem Richt Platz alda der Execution beizuwohnen; nachdem solche vollzogen und der Scharfrichter die gewöhnliche frag; habe ich Recht gerichtet, von sich gibt Herr Panrichter darauf antwortet: Ja du hast Recht gerichtet was Vrthl und Recht vermag.

(* Entnommen aus: Chronik des Marktes Melk umfassend den Zeitraum von 890 bis 1890 mit besonderer Berücksichtigung der letzten fünfundzwanzig Jahre (zusammengestellt von Franz Xaver Linde), Melk, 1890. Selbstverlag der Gemeinde Melk. Seite 78 bis 84)

 

Die ehemalige (seit 1708 bestehende?), dem Ermordeten Wiener Wanderburschen gewidmete Gedenkstätte
(* vermutlich in unmittelbarer Nähe der Ermordung aufgestellt)
Wann die Inschrifttafel entfernt wurde, war nicht mehr zu eruieren
Es wäre interessant gewesen, wie die Inschrift einstmals gelautet hat
!
Dieses Flurdenkmal zählt somit zu den ältesten in der Gemeine Zelking-Matzleinsdorf (mit einer Wegmarkierung)
 
Bei dem Marktgericht in Melk, Wolfgang Jetzinger, einen behausten Tagwerker hier (in Melk wohnend) betreffend. Demnach beim hiesigen Marktgericht durch allgemeines an unterschiedlicher Personen Vorkommen, daß den 20. Jänner laufenden 1708er Jahres spätabends, ein Mann von langer Statur mit Wolfgang Jetzinger als selbiger von Wien nachhause reiste, hier angekommen und bei ihm über Nacht blieb. Als dann der Jetzinger mit diesem fremden Menschen gegen Matzleinsdorf eine Stunde von Melk gelegen, ging und am selben Tag oberhalb von Matzleinsdorf in einem Wald ein toter Mann, welcher unterschiedliche Wunden empfangen hatte, hier gefunden wurde, woraus die Mutmaßung entstand, als ob es derjenige Mensch sei, welcher den Jetzinger beleitet hat. Ein noch ziemlich erhaltenes Mauerwerk, eine hohe viereckige Säule vorstellend, befindet sich eine halbe Stunde von Melk entfernt außerhalb des Dorfes Winden; an diesem Platze war in früheren Zeiten das Hochgericht (**) der Herrschaft Zelking und heute wird im Volksmunde noch der ganze bewaldete Umkreis die Galgenleiten genannt.

Wolfgang Jezigers Kriminalprozeß 1708
 
Wolfgang J(etzinger)  gewesener Bürger und Tagwerker in Melk, in puncto Latrocinij et furti, hingerichtet mit dem Rad am 11. Mai 1708.

Summarische Handlung Lit. A
Ebenso daß der J(etzinger) um die selbe Zeit bei dem hiesigen Goldschmiedlehrling einen Ring habe sehen lassen, und gefragt ob der Ring aus Gold sei oder nicht, welches der Goldschmiedlehrling für Messing zu sein erkennt hat, der J(etzinger) aber dem Lehrling verboten habe, daß er seinem Meister nichts sagen sollte, hingegen aber der Goldschmied selbst gesehen hat, daß der J(etzinger) mit dem Lehrling im Geschäftslokal geredet hat.  Ebenso daß der J(etzinger) selbigen Ring hier einen Knecht vom Fleischhacker Namens Josef St. um 3 Gulden angeboten habe und sagte, daß er den Ring samt einem Beutel im nachhause gehen von Pöchlarn unweit Wörth gefunden und den Beutel seinem Mädchen geschenkt habe.
So ist anhand der unten angeführten Daten der  oft genannte Wolfgang J
(etzinger) vor das hiesige Marktgericht beordert worden und in samaritischer Güte  gefragt worden, ob eine gleiche Person wie oben gemeldet mit ihm nach Melk gekommen sei und den er in seinem Haus über Nacht beherbergte, ihn auch des anderen Tages nach Matzleinsdorf  begleitet habe.
Worauf J
(etzinger) ganz erschrocken ausgesagte, daß, als er vor ungefähr 3 Wochen von Wien nach Hause gereist sei, unterhalb von Anzbach ein junger starker Mann, lang und wohlgestaltet zu ihm kam; in der Hand einen Degen und unter dem Arm ein Binkerl aus grüner Leinwand trug. Als er nun von J(etzinger) vernahm daß er nach Melk gehe, habe er gebeten ihn mitkommen zu lassen. Auf der Reise habe er sich bald für einen Gärtner, bald für einen Maler ausgegeben und dabei gesagt, daß er nach Salzburg zu reisen gewillt sei. So sind beide denselben Tag bis nach Neulengbach gekommen und bei einem Wirt, welcher einmal ein Fleischhauer war, der aber das Handwerk nicht mehr betrieb, eingekehrt und da über Nacht geblieben. Am anderen Tag wären sie gegen Mittag nach Böheimkirchen gekommen. Jeder hat hier einen Wein getrunken. Gegen Abend aber sind sie nach Markersdorf gekommen und dort bei dem Bäcker über Nacht geblieben wo sie den Drechsler von Maria Taferl und den Drechsler von Melk, welche alle beide auch dort blieben, angetrafen. Sonntags darauf sind alle vier gegen Mittag nach Loosdorf gekommen, wo sie in die Kirchen gingen und den Gottesdienst beigewohnt haben. Als sie aus der Kirchen gingen, habe er J(etzinger) seinen Reisegefährten ihn zu seinen Schwager Matthias Weinberger, dort wohnend, mitgenommen, wo sie dem Fremden ein Pfund Schweinfleisch Kochen ließen, welches er auch allein verzehrt hat. Von Loosdorf sind sie beide auf Albrechtsberg gegangen, denn da habe er J(etzinger), beim Lurger, eine Post abzugeben gehabt. Von Albrechtsberg sind sie nach Spielberg gekommen, und haben bei dem Grüßt da einen Wein getrunken. Von Spielberg sind sie nach Melk gegangen. Unterwegs aber hätte der Reisende Gärtner ihm J. ein blaues Paar S. V. Strümpfe angeboten, die er ihm auch abkaufte und gleich an der Stelle mit drei Siebenzehner bezahlt hat. Die Strümpfe hätte er gleich in seinen Rucksack gesteckt und solche mit nachhause getragen. Im oberen Markt sind sie beide zum Tischler gegangen, wo er J(etzinger) auch eine Post abzugeben gehabt hat und als sie vom Tischler weggingen, hätte der Gärtner gesagt, daß er ganz müde von der Reise sei, da er unlängst das hitzige Fieber hatte und selbige Krankheit hätte ihm über dreißig Gulden gekostet. Er habe wenig Geld Nahrungsmittel zu kaufen und weiß nicht wo er diese Nacht einkehren soll. Darauf hätte er J(etzinger) gesagt, wann er Vorlieb will nehmen, will er ihm gern über Nacht behalten, welches der Gärtner angenommen hat und ist auch mit ihm gegangen und über Nacht dageblieben. Montag den 30. Jänner habe der Gärtner einen Siebner für ein Frühstück hergeben und 2 Pfund Rindfleisch gekauft, selbiges gekocht und ihnen vorgesetzt, welches sie genossen und 1 Maß Bier dazu austranken.  Danach haben sie beide ihren Weg nach Matzleinsdorf genommen weil der Gärtner sagte er hätte in Wolfpassing einen Landsmann zu dem er gehen will, hätte ihm sodann bis oberhalb Matzleinsdorf, bis zum Wald wo die Zelkinger Weingärten heraufstoßen, begleitet. Wie sie dort ankamen, sind zwei Holzhacker durch die Weingärten herauf gegen den Wald gehend, zu ihnen gekommen welche gesagt hätten: sie gehen unweit Wolfartsbrunn Holz hacken. Wann der Reisende mit ihnen gehen will, so wollen sie ihm den Weg weisen, das er auf Wolfpassing wird sehen können. Er J(etzinger) habe sodann seinen Reisegefährten diesen zwei Holzhackern übergeben. Er aber sei von ihnen weggegangen und seinen Weg nach Pöchlarn genommen wo er über die Donau fuhr und in Klein-Pöchlarn zum Schilcher bei welchen er den vergangenen Sommer bei den Maurern mitarbeitete ging und willens war seinen noch ausständigen Lohn, so sich bei 1 Gulden und 30 Kreuzer belief, einzufordern. Er hätte aber den Schilcher zuhause nicht angetroffen, dessen Weib aber hätte zu ihm gesagt, daß sie es ihrem Mann sagen will. Er sei sodann wieder über die Donau ganz allein herüber gefahren und am selben Tag um 4 Uhr nachmittags nachhause gekommen. Hierauf ist ihm vorgehalten worden wo er den Ring genommen hätte welchen er dem Goldschmiedelehrling sehen ließ und warum er ihm verbot, daß er seinem Meister nichts hiervon sagen soll. Zweitens auch selbigen Ring dem Knecht des Fleischhackers um 3 Gulden anbot, mit der Bedeutung, daß er es samt einen Beutel gefunden hat.
Er habe diesen Ring als er letztens in Wien beim Roten Turm war auf dem Weg in den S. V. Kot gefunden, bei welchen auch ein Kreuzer  lag; beim hiesigen Goldschmiedelehrling sei er nie gewesen.
Er hätte ihm auch den Ring nicht sehen lassen, dem Knecht des Fleischhackers aber habe er solchen um 3 Gulden angeboten, hätte aber nicht gesagt, daß er diesen im Wörth samt einen Beutel gefunden hat, worauf der Goldschmied und sein Lehrling sowie auch der Knecht dem Fleischhacker gegenüber gestellt wurden, die ihm all das, wie oben beschrieben und sie vorher bei Gericht aussagten, ihm selbiges in das Gesicht gesagt haben. Er aber ist bei seiner Aussage geblieben, daß er den Ring in Wien und nicht im Wörth gefunden hätte. Das Eheweib von J
(etzinger) hat auch im Beisein ihres Mannes ausgesagt, daß er obenerwähnte S. V. Strümpfe nicht in seinem Rucksack nachhause gebracht hat indem sie den Rucksack, sobald ihr Mann nachhause gekommen ist, durchsuchte und im selbigen nichts als eine Schnur oder Leine gefunden habe.
Auf vorhergenannte Indizien, ist vor dem Marktgericht beschlossen worden, daß hier mit Wissen der löblichen Kammer der J
(etzinger) in Ketten geschlossen eingekerkert werden soll. Als ihm nun durch den Gerichtsdiener die Ketten vorgelegt wurden, hat er sich etwas aufgeregt, worauf ihm mit ernstlichen Worten, jedoch ohne der geringsten Bedrohung oder Verheißung in Güte angesprochen wurde, wann er um die geschehne Mordtat weiß, habe er solches in Güte zu bekennen. Hierauf gibt er zur Antwort: er hätte es allein nicht getan, sondern diejenigen zwei welche durch die Zelkinger Weingärten gegen den Wald zugehend, auf den Weg zu ihnen gekommen sind, ihm diesen Menschen ermorden helfen. Bevor sie aber den Reisenden angriffen, sei einer in einen braunen Rock, den er vor einem Jahr in Zelking in der Kirchen gesehen hatte, ihm ansonsten aber weiter nicht kenne, stehen geblieben und gefragt, wer der Reisende sei, welcher ihnen vorausgeht. Ob er etwa ein Überreiter (berittener Zollbeamter) sei, und ob er Geld bei sich hat, sie wollten sehen, daß sie Geld von ihm bekommen könnten. Er J(etzinger) aber gab zur Antwort daß sich dieser Mensch bald für einen Gärtner, bald für einen Mahler und bald für einen Bader (Betreiber einer Badestube) ausgebe; er werde aber wenig Geld bei sich haben, weil er erst gestern aus Geldmangel 1 Paar Strümpfe um drei Siebzehner verkauft hat, worauf derselbige Mann zu ihm J. weiters sagte, er solle nur ein wenig Voraus gehen, sie wollen es schon recht machen, welches er auch tat. Als sie nun weiter in den Wald kamen, habe der Mann im braunen Rock mit seiner bei sich gehabten Axt dem reisenden Gärtner einen Hieb auf den Kopf gegeben und gleich darauf hätte ihm auch jener im weißen Rock, welcher mit dem vorigen wie gesagt auf den Weg zu ihm kam, den zweiten Hieb auch mit seiner bei sich gehabten Axt auf den Kopf getan. Bei diesem Hieb ist der Gärtner zu Boden gefallen und schrie: „Jesus, Maria und Joseph, muß ich den da meinen Geist aufgeben“? Den dritten Hieb habe er J(etzinger) mit seiner bei sich gehabten Reisighacke auch auf den Kopf getan, dann haben alle drei nicht mehr nachgelassen bis sie diesen Menschen völlig ermordet haben. Nachdem er nun tot war, haben sie ihn durchsucht und seine Hosensäcke und Taschen umgekehrt; sie hätten nicht mehr als drei Siebenzehner an Geld bei ihm gefunden, die sie auch an derselben Stelle teilten; den toten Körper aber hätten sie in seiner völligen Kleidung an der Stelle, wo er umgebracht wurde, liegen gelassen, so daß er dann mit dem Kopf gegen Ornding und mit den S. V. Füssen über den Weg gegen Zelking lag. Des Entleibten Degen hätte dieser zu sich genommen, der den Ersten Hieb getan hat. Das Pinkerl aber hätte jener im weißen Rock genommen der den zweiten Hieb tat. Er J(etzinger) hätte nichts als einen Siebzehner gehabt. Nach dieser Tat sind alle drei zugleich aus dem Wald gegangen. Die Zwei Mithelfer hätten ihren Weg nach Ornding eingeschlagen, er aber sei auf Pöchlarn zugegangen seinen ausständigen Lohn, wie oben berichtet, einzufordern. Weil er aber unverrichteter Dinge zurückkam, sei er nachmittags um 4 Uhr nachhause gekommen.
Beschliesst für diesmal hiermit seine Aussage.
Darauf ist er in Ketten geschlossen in den Kerker geführt worden.
Melk, den 17. Februar 1708.
L. S. Marktgericht hier.

Am 24. Februar erfolgte neuerdings eine „gütige Prüfung“, bei welchem dem Angeklagten 37 Fragen vorgelegt wurden. Die gegebenen Antworten enthalten mit unwesentlichen Abweichungen den früher angedeuteten Sachverhalt nur mit dem Unterschied, daß J(etzinger) schließlich eingesteht das Verbrechen allein ohne Mithilfe, wie er früher aussagte, begangen zu haben; worauf er in Ketten geschlossen, wiederum in den Kerker geführt wurde.
Markt Melk, im gewöhnlichen Marktrathaus den 24. Februar 1708.

L. S. Johann Wilh. Dunkhl,
Markt- und Panrichter hier.

L. S.  Andreas Rieser. L. S. Albrecht Raschberger.
L. S. Johann Führer. L. S. Mathias Deuber.
L. S. Michael Mahringer. L. S. Vassus Victor Höbler.

Am 14. März erfolgte eine weitere gütige Prüfung, worauf das diesbezüglich gefaßte Parere (Gutachten) den Rechtsgelehrten vorgelegt und nach deren fachmännischer Begründung nachstehendes Urteil gesprochen wurde.

Endgültiges Urteil.
Wir Markt- und Panrichter wie auch die Gerichtsbeisitzer des löblich ausgenommenen Klosters Melk hier innehabende Landgericht, haben die in puncto Latrociny einkhombenen an Wolfgang J(etzinger) vorgenommene Kriminalprüfung allen Fleißes mit Einholung der Herren Rechtsgelehrten Parere durchgegangen und erkennen zu Recht, daß Wolfgang J(etzinger) dem Scharfrichter übergeben, auf die gewöhnliche  Richtstatt geführt und hier mit dem Rad von oben herab zuerst auf den Hals, danach auf das Herz und ihm so alle Glieder zerstoßen werden, somit vom Leben zum Tode hingerichtet, der tote Körper auf das Rad geflochten, wo über demselben ein Galgen mit einem Strang aufgerichtet werden soll; dieses ihm und Seinesgleichen zu einer wohlverdienten Strafe, den anderen aber als abschreckendes Beispiel und zur Abscheu.
Melk, den 30. März 1708

Markt und Panrichter wie auch die Gerichtsbeisitzenden hier.

Nach der am 16. April 1708 erfolgten Bestätigung dieses Urteils seitens der hohen Regierung wurde am 11. Mai 1708 die Hinrichtung in nachstehender Weise vollzogen.

 
 
(Links) Rädern eines Räubers 1373. (Rechts) Auf eine Stange gesetzter und aufs Rad gebundener, noch lebender Mörder wird aufgerichtet (Miniatur aus dem Jahre 1513)
 (Beide Bilder entnommen aus: Wolfgang Schild Die Geschichte der Gerichtsbarkeit, 2002, Seite 203)
Exekutionsform.

Drei Tage vor der Hinrichtung ist dem armen Sünder der Tod folgendermaßen anzukünden: Es geht der Marktschreiber nebst zwei Gerichtsbeisitzende in das Haus des Dieners, rufen den armen Sünder zu sich, setzen sich an den Tisch, daß er selber über seine begangenen und bekennenden Missetaten auf das von dem Landgericht in Melk erstellte und von der hochlöblichen Regierung unterzeichnete Endurteil und zwar, daß er den nächstkommenden Freitag sterben müsse, deshalb er sich mit Gott versöhnen soll; wann dieses geschehen ist, treten die Gerichtspersonen ab, dagegen die Geistlichen ein und bereiten ihn dann für die Hinrichtung. Diesen und den folgenden Tag bleibt der arme Sünder ausgesetzt, und den dritten Tag vormittags wird die Hinrichtung vollzogen. Bei Ankündigung des Todes ist ihm mit nicht anzudeuten mit was er hingerichtet wird, sondern alleinig daß er sterben müsse: An dem Tag der Hinrichtung (weil in Melk solcher Vorgang immer gebräuchlich war), sitzen der Herr Markt- und Panrichter, wie auch sämtliche Gerichtsbeisitzende vor dem Rathaus zur gewöhnliche Zeit, lassen den armen Sünder durch den Gerichtsdiener gut verwart vor sich hintreten um das Urteil in nachfolgender Form vorzulesen.
Der gegenwärtig vorgeführte, verheiratete Mann Wolfgang J. etwa vierzig Jahr alt, von katholischer Religion, in Oberösterreich in S. gebürtig, hat der an seiner Person vorgehabten gütigen Prüfung bekennt und ausgesagt, daß … (es folgt der ganze bekannte Tatbestand).
Diese seine begangene Missetaten seien ihm von Herzen leid, empfehle sich Gott und der Obrigkeit und erwarte ein gnädiges Urteil.
Hierauf fragte ihn der Herr Panrichter: „Wolfgang J
(etzinger) hast du die Verbrechen vernommen“ und er antwortet mit „Ja, so ist alles dem so“. Höre also dein Urteil!
Hierauf soll Kraft des beim hiesigen Landgericht geschöpft und von der hochlöblichen niederösterreichischen Regierung abgesegneten Urteil an den gegenwärtigen Angeklagten Wolfgang J
(etzinger) dem Scharfrichter übergeben werden, daß selbiger auf die hiesige gewöhnliche Richtstatt geführt und dort mit dem Rad von oben herab, anfangs der Hals, danach das Herz, sowie alle Gliedmaßen abgestoßen und so vom Leben zum Tode hingerichtet, der tote Körper auf das Rad geflochten und über das Rad ein Galgen mit einem Strang aufgerichtet werden soll. Dieses ihm zu einer wohl verdienten Strafe, anderen aber zu einem, vor das Gesicht haltenden abschreckenden Beispiel und zur Abscheu.
Nun wird der arme Sünder dem Scharfrichter übergeben und es weicht das Kriminalgericht zurück, der Herr Panrichter aber reitet zu dem Richtplatz um der Hinrichtung beizuwohnen; nachdem diese vollzogen war und der Scharfrichter die gewöhnliche Frage; habe ich Recht gerichtet, von sich gegeben hat, gibt der Herr Panrichter darauf folgende Antwort: „Ja, du hast richtig gerichtet, was das Urteil und Recht vermag.“ 


Ein aufs Rad geflochtener Delinquent (1605), bei welchem zusätzlich noch ein Galgen darüber errichtet wurde


Szene einer Hinrichtung von 1771, wie sie bei Wolfgang Jezinger (vermutlich ohne der besonderen Vorrichtung zum Einspannen des Körpers) 1708 vorgenommen wurde
(Beide Bilder entnommen aus: Wolfgang Schild
Die Geschichte der Gerichtsbarkeit, 2002, Seite 203)

 
 
 

Die ehemalige Hinrichtungsstätte der Herrschaft Zelking

Winden (bei Melk): Die jeweiligen Besitzer dieses Hauses mussten die zum Tode verurteilten mittels eigenem Fuhrwerk (* siehe oben)  zu der Hinrichtungsstätte bringen. Es soll heute noch auf dem (ehemaligen) Bauernhaus die Verpflichtung bestehen, Verurteilte hinbringen zu müssen!
 

 

Der letzte Pfeilerrest vom ehemaligen, aus drei Pfeilern bestehenden Mauerwerk des (**) Hochgerichts der Herrschaft Zelking

 
 
 
Ehemaliges Rotes Kreuz am rechten Melkufer
 
Wenn nicht früher, so vermutlich spätestens bei der Melkflussregulierung abgekommen.
 
 
Ein hölzernes rotes Kreuz neben einigen Bäumen, am rechten Ufer der Melk in der Nähe des Dorfes, bezeichnete die Stätte, wo im September 1772 eine ledige Kindesmörderin mit dem Schwert hingerichtet wurde, den Rumpf man aber zwischen den gemauerten Pfeilern (*) des Hochgerichtes von Zelking (auf der Anhöhe östlich von Großpriel) begrub, den Kopf aber auf einer Stange in der Mitte des Galgens aufsteckte, wie es die Kriminaljustiz jener Zeit noch verlangte!
Teilentnahme aus: Geschichte des Benedictiner=Stiftes Melk von Ignaz Franz Keiblinger, Wien 1869, II. Band, S. 306.
 

Hier wird eine Enthauptung vorgenommen, wie sie 1772 vonstatten ging
 (Bild entnommen aus: Wolfgang Schild Die Geschichte der Gerichtsbarkeit, 2002, Seite 186 – Miniatur aus dem Soester Nequambuch, 14. Jh.)
 
(*) Einstmals bestand diese Hinrichtungsstätte aus drei Pfeilern (welche mittels zweier Querbalken verbunden waren um eventuell mehrere zum Tode verurteilten hintereinander hinrichten zu können), wovon nur mehr einer, in nicht mehr voller Höhe bestehend, vorhanden ist. 
 
 
 

Niedere Gerichtsbarkeit

(*) Die Niedere Gerichtsbarkeit (Niedergerichtsbarkeit) ist ein Begriff aus dem mittelalterlichen Recht. Die niedere Gerichtsbarkeit (auch die Bezeichnungen patrimoniale Gerichtsbarkeit, Dorf-, Thing- oder Hubengericht werden verwendet) befasste sich in der Regel mit geringeren Delikten des Alltags, die mit Geldbußen oder leichteren Leibstrafen sühnbar waren. Zu denen gehörte der Pranger, das Tragen des Lästersteins, der Schandpfahl. Diese fallen unter die Rubrik Ehrenstrafen. Inhaber der niederen Gerichtsbarkeit waren zumeist Angehörige der Landstände, Adelige, geistliche Stifter oder die Räte der landesunmittelbaren Städte. Über die Untertanen auf seinen Kammergütern übte der Landesherr bzw. seine Beamten die niedere Gerichtsbarkeit aus. Im späten Mittelalter war die Gerichtsbarkeit zu einem dinglichen Recht geworden, das dementsprechend auch verkauft oder verpfändet werden konnte.
 
Das Richteramt wurde selten vom Gerichtsherren selbst ausgeübt. Vielmehr gab es in den Dörfern Erb- oder Setzrichter, in den Städten Stadtrichter, die dem Schöffengericht vorstanden. Die bäuerliche oder städtische Gemeinde wirkte über die Schöffen an der Rechtsprechung mit. Die Einnahmen aus den Gerichtsgebühren und den Bußgeldern wurden zwischen Gerichtsherr und Richter geteilt. Bis weit ins 16. Jahrhundert hinein waren die Richter juristische Laien. Seit dieser Zeit setzte sich in den Städten langsam die Besetzung der Richterstellen mit an der Universität ausgebildeten Juristen durch.

Die Folter durfte nicht angewendet, schwere Leibstrafen und die Todesstrafe durften nicht verhängt werden. Die niedere Gerichtsbarkeit war ebenfalls für das Erbrecht, Grenzstreitigkeiten sowie die Registrierung und Überwachung von Verkäufen zuständig.

Schwere Leibstrafen und Todesurteile durften in der Regel nur durch Hochgerichte ausgesprochen werden, die in der Regel dem Landesherrn und nicht dem Grundherrn unterstanden. Freie Reichsstädte besaßen im Allgemeinen eine eigene Niedere und Hohe Gerichtsbarkeit.

 
Blutgerichtsbarkeit

(*) Die Blutgerichtsbarkeit, auch als ius gladii („Recht des Schwertes"), Blutbann, Hochgerichtsbarkeit (Hohe Gerichtsbarkeit) oder Halsgerichtsbarkeit bekannt, war im Mittelalter im Heiligen Römischen Reich die peinliche Gerichtsbarkeit („peinlich“ bezieht sich auf das lateinische „poena“, übersetzt „Strafe“) über Straftaten, die mit Verstümmelungen oder mit dem Tode bestraft werden konnten, also „blutige Strafen“ waren („straffen biss ann das blut“ oder „straffen, so an das blut gandt und das läben kostendt“).

Straftaten

Dies waren vor allem Straftaten wie Raub und Mord, Diebstahl, sexuelle Belästigung, Notzucht (Vergewaltigung), homosexueller Geschlechtsverkehr, Hexerei oder Zauberei und Kindesmord. Die Hinrichtungsformen bei einem Todesurteil unterschieden sich jeweils nach dem Verbrechen (zum Beispiel für Kindesmörderinnen das Ertränken, für Notzucht der Feuertod oder für Mord das Rädern) sowie nach der Person des Verbrechers. Die Hinrichtung durch Enthaupten war beispielsweise lange Zeit eine „privilegierte“ Hinrichtungsmethode für Adelige.

Bei Straftaten, die durch Verstümmelung gesühnt werden sollten (sog. lybstraffen), gab es unterschiedliche Strafformen, wie das an den Pranger stellen, Abschneiden/Anschneiden von Körperteilen (zum Beispiel Ohren, Zunge), „Schwemmen“, Auspeitschen oder Brandmarken.

Bei Straftaten wie Beleidigungen oder Raufereien blieben die niederen Gerichte zuständig, die keine „blutige Strafen“ verhängen, sondern „nur“ auf Geldbußen, Gefängnishaft, Ehrlosigkeit oder Verbannung erkennen durften.

Todesurteil
 
 
In der Regel wurden vor allem (besitzlose) Landstreicher, Kleinkriminelle und Menschen aus der sozialen Unterschicht zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde dann oft zum Zweck der Abschreckung in der Öffentlichkeit vollzogen. Aus demselben Grund ließ man die Gehängten in vielen ländlichen Gegenden auch lange Zeit gut sichtbar am Galgen hängen.

Die Blutgerichtsbarkeit wurde von den jeweiligen Herrschern an ausgewählte Gerichtsorte verliehen und untermauerte den Machtanspruch der jeweiligen Stadt. Auf Dorf- und Stadtebene gab es meist nur die Gerichte der Gutsherren oder die Gerichte der niederen Gerichtsbarkeit. Da die Freie Reichsstadt einem Fürstentum praktisch gleichgestellt war, hatte auch sie das Recht auf die Hohe Gerichtsbarkeit. Die Grenze zwischen den Gebieten verschiedener hoher Gerichtsbarkeiten heisst Fraischgrenze.

Das erste kodifizierte Strafrecht war die Maximilianische Halsgerichtsordnung, auch Tiroler Malefizordnung genannt, von Maximilian I. aus dem Jahre 1499. Im Jahre 1507 wurde die Bambergische Peinliche Halsgerichtsordnung (Constitutio Criminalis Bambergensis, CCB) erlassen. Beide flossen in die Constitutio Criminalis Carolina (CCC), die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. ein, die ab 1532 galt. Diese galt zwar subsidiär, d.h. sie wurde nur herangezogen, wenn das eigene Landesrecht keine entsprechende Regelung kannte, dennoch führte sie zur Vereinheitlichung der Kriminalprozesse.

In Österreich kam nach der Tiroler Malefizordnung 1514 die Landgerichtsordnung für Österreich unter der Enns. Die Halsgerichtsordnungen nach der CCC basieren auf dieser, hatten aber immer salvatorische Klausel, dass sie noch weiter subsidiär gelte. So 1535 die Landgerichtsordnung für Krain, die Landgerichtsordnungen für Österreich unter der Enns (1540, 1656 „Ferdinandea“, welche am bedeutendsten im 17. Jahrhundert in Österreich war, da Karl VI. anwies sie subsidiär zu verwenden), Österreich ob der Enns (1559, 1627, 1675 „Leopoldina“), die Steiermark (1574) und Kärnten (1577). Diese einzelnen Verordnungen wurden 1768 durch die einheitliche Constitutio Criminalis Theresiana ersetzt, welche in allen Habsburgischen Erblanden galt. Mit ihr wurde auch die subsidiare Verwendung der Carolina in Österreich beendet. 1776 wurde die Folter abgeschafft und mit dem Josephinischen Strafgesetz von 1787 wird die Todesstrafe aus pragmatischen Gründen erstmals aufgehoben und der Verurteilte hat gemeinnützige Arbeit zu leisten, die manchmal auch hohe Todesraten aufwies wie etwa das Schiffziehen.

Insgesamt war im deutschsprachigen Raum die Blutgerichtsbarkeit noch teilweise bis ins 18. und 19. Jahrhundert verbreitet (* aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie).

Der Pranger in Zelking
(und die Gerichtsbarkeit der Herren von Zelking)

 
 
 
Pranger in Artstetten
(Stellvertretend für den in Zelking)
 
Pranger: Bagstein (mit Halseisen). Das Wort soll von „Bagen“ kommen, das soviel als zanken oder streiten bedeutet (Teilentnahme aus: Geschichte des Benedictiner=Stiftes Melk von Ignaz Franz Keiblinger, Wien 1869, II. Band, Seite 306).

(*) Wür Ambrosius von Gottes Genaden Abbt
deß würdigen Unser Lieben Frauen Stüft (Stift), und Closters Seitenstötten, der Römisch-Kaiserl.–Majestät Rath etc. Entbieten Unsern Richter, und Geschworenen Unsers Ambt Zelckhing Unsern Grueß (Gruß), und alles Guetes (Gute) anvor, und geben Euch anmit zuvernemben Welchergstalten wür Von Unsern Hoffrichter zu Unsern Vergnürgen (Vergnügen) Verstandten (verstanden), das die zwischen Euren dermahligen Pfaarherrn Herrn Johann Georg Khauffmann, dann dem Tobiam Schedlmayr, und Joseph Funckhen in ein- und andern Vorgewöste Stritigkheithen in Güette Beygeleegt (in Güte beigelegt) wordten, wann nun wür erstbesagten Vergleich in allweeg (in jeder Hinsicht) Confirmieren und Bestötigen, alß (also/daher) wollen, und Befehlen wür Euch Hiermit, das auch Ihr ob solchen haltet, und soviel an euch ist, Beede (beide) Unterthannen darbey (dabei) schüczet (schützt), wie auch dise, solchen in allweeg nachzukhomben (nachzukommen) iederzeith (jederzeit) Verhaltet, oder da ihr ein solches zuthuen nicht Vermöget, die schleinige (schleunige) Erinderung an unser Hoffgericht thuen sollet, für aines (= soweit Punkt Eins; fürs Erste). Andertens (Zweitens) Befehlen wür Euch, und sambtlich (sämtlich) Unsern daselbstigen Ambts Unterthanen, das ihr disen, und all-Khonfttigen (allen künftigen) Euren Seelsorgern all-schuldigen Respect, und Ehrenbiettigkheith (Ehrerbietung) erweiset, sonderbahr (insbesonders) aber in seinen Geistlichen Pfaar-Verrichtungen nichts Hinderlich, sondern Villmehr all-schuldigen Gehorsamb (Gehorsam) Laisten, denen Gottesdiennsten, Heylligen Möss, und Prödigen an Sonn- und Feürtagen Fleissig, und mit auferbauung Beywohnet, wie auch Eure Untergebene Eheholden, und Künder darzue Verhalten, vor allen aber Befehlen wür euch, das ihr Eure Künder, auf das selbe in den Heyllig-allein Seeligmachenndt-Christ-Cathollischen glauben unterrichtet werdten, fleissig in die Künderlehr (Nichtschulischer Religionsunterricht) Unausbleiblich schikhen sollet. Drittens Indeme (In dem) wür Bereiths zum Öfftern zu Unsern Hechstenmißfallen glaubwürdig Vernemben müessen, was gstalten die lödige Pursch (ledigen Burschen) nicht allein in die spatte nacht in denen Würthsheüsern Herumbfahren, folgendts in ihren nacherhaußgehen mit Jauchzen, Huyschreien, und andern Schwenglereyen (Ausgelassenheiten) die nachtliche Ruehe störrn, und neben disen Verschiden- andere Biebereyen (Bubenstücke) allermassen anderer zugeschweigen (um von anderen zu schweigen), durch auswerff- und Zertröttung der Von der Herrschaftt Zelckhing aufgerichten Landgerichts-Saullen (Prangersäule) das Frische Exempl (Beispiel) Vor augen stöllet (stellt) ) anfangen, und Verüeben, weillen dann durch solche straffwürdige Unformb (Unfug)- und Thätigkheithen zwischen unsern Gotteshauß, und daselbstig Herrschaftt Zelckhing Uneinigkeith, und Verschiedene Strittigkheithen entstechen. Ja wohl gahr Kostbare (kostspielige) Procehs (Prozesse) hieraus folgen Khönten, Alß ist an Euch Richter, und geschworene Unser Ernstlicher Befehl, das ihr Bey Vermeidung Unserer Ungnad nach Eüer Ambtsschuldigkheith auf solche Liederliche schwörmer, und nächtliche Ruehstörer Fleissige obacht Haltet, mithin Besunders an Sonn- und Feyrtägen auf dergleichen Herumb gechente Bursch mittels Fleissiger Visitierung der gassen und Heüser genaue obsicht traget, und dafern (wenn) ihr dergleichen auf unsern grundt- und Boden, es seye auf offener Gassen, od (oder) Heüsern Betröttet (erwischt), als Bald ohne Verschonung, auch ohne ansechung Freundt- oder feindtschaftt nach Beschaffenheith ihres Verbrechen auf ain- zwey- wohl auch mehr Stundt in gehorsamb (Gewahrsam) Leget, in gressern (größeren) Verbröchen aber unverweilt an unser Hoffgericht Berichten sollet, auch weillen annebens Vorkhomben, das in dem Klampferer Heüsl (Haus des Spenglers) zu Ungewöhnliche zeithen nächtlicher weill Lichter gebrennet, und mit dem Feür (Feuer) alda es sehr gefehrlich zuegechet, alß  sollet ihr sowohl ihme (dem) Klampferer, alß auch andere Unterthanen dises ernstlich Untersagen, auch weegen dessen ein genaueste obsicht tragen, und damit Vierttens – die Herrschaft Zelckhing weegen durch den Tobias Schedlmayr, und Hanß Mayrischen Sohn ausgeworffenen (umgeworfenen) Landtgerichts Saullen (Prangersäule), und Zertröttene Taffel auch über die solcher weegen durch unsern Hoffrichter Vorgekherte Bestraffung von neüen mit ein Herrschaftt Zelckhingerischen Unterthann den Schuester, und den Arbesbaurn (Bauer in der Ortschaft Arb) Verübte stänckhereyen Vollständige Vergnüegung Bescheche, weillen Jüngstens unser Hoffrichter weegen der mit Mountur (Uniform) aufmarschierten Soldaten selbst Vorzunemben, und zu Bestraffen Verhindert wordten, sollen für eines dise beede Thätter am Plaz der muethwillig Zerströttenen Taffel auf ihre Uncosten ein andere Taffel machen Lassen, und den  Herrschaftt Zelckhingerischen – Herrn Hoffschreiber gecziment ersuchen, womit selbiger auf solche das Behörige (passende) gegen Billich (gebührende) Taxe (Bezahlung) aufschreiben wolle, dann sollen Beede Thätter, umbwillen (weil) sye, alß obsye alhier weegen dero Verbröchen nur Leichter Dingen abgestraftt, und nichts ausstehen Hätten derffen, sich Vermessentlich Vernemben Lassen, ingleichen alle die weegen solcher an dem schuester, und den Arbesbaurn, und Villeicht sonsten Verübten muthwillen schuldt tragen auf ein Stundt Lang in gehorsamb geleegt werdten, und damit fürohin derley – und all andere stenckherey und muthwillen Vermiden, und unterweegen bleiben mögen, Befehlen wür Fünfftens das Unser daselbstige Würth, wie auch andre Unsere Unterthanen, wann selbige etwann dero aigen fechßnende wein od Birnmost nach daselbstiger Gewohnheith umb das gelt ausschenckhen würdten, selbige Sommerszeith Legst (längstens, spätestens) umb 10 Uhr, und wünterszeith auch Lengist umb 9 Uhr, und nicht Lenger  Ihre würths- und Schenkheüser offen Halten, mithin nach  Verfliessung obbenenter stundten weeder solche Bursch, noch anderer Inheimbisch– und daselbst Haussesige (Haussässig – Ortsansässig durch Besitz eines Hauses) Unterthannen ein auffenthalt nicht  gestattet, noch weniger einen Trunckh ausfolgen lassen sollen – auf daß aber all – dises umb souill Besser Bewürckhet werdte, Befehlen – und wollen wür Schliesslich (Sechstens), daß sye Richter, und Geschworne auch sambtlich– übrige daselbst Haussessige Unterthannen disen Unsern Gnädig- und Ernstlichen Befehl Vor (für) euch selbsten Fleissigist Beobachten, nicht weniger Eüre Künder, und Diennstbothen in guetter Zucht, und Ehrbahrkheith Haltet, mithin Bey euch selbsten wohl Erweeget, welchergstalten ihr dermahlen eins weegen aller durch Eure Fahrlessigkheith unterlassene obsicht, und Bestraffung derley Von Euren Kündern und Diennstbothen Üebende Sündt- und missethatten vor dem gerecht- Göttlichen Richterstuell genaue Rechenschaftt zugeben Habet, Folglich Euch solch- Frembder Verbröchen nicht thaillhafttig machet, alles Fleisses darob sorg traget, womit solch- Eüre Künder und Diennstbothen zu Rechter Zeith, und weill zu hauß seyen, und dergleichen nächtliches Herumbziechen, Langwüriges siczen in Würthsheüsern, und Volltrünckhen Von selbsten nicht gestattet, (noch) weniger selbsten üebet, und anderen Ärgernus gebet, wann nun wür ob disen Unsern Befehl, und Ordtnung Vor ierst (jetzt), und Khönfttig Bestendtig gehalten Haben wollen, alß (also) Versechen (erwarten) wür uns Eures schuldigen Gehorsamb, und Bleiben Euch übrigens mit Gnadten gewogen.
Geben (Gegeben) Seittenstötten den 7ber (September) ad (anno domini) 1725

Ambrosius Abbt (manu propria = eigenhändige Unterschrift)
zu Seittenstetten.

(Anschriftfeld)

Denen Ehrsamben Unsern
Lieben Getreyen Richter, und
Gerichts- Geschwornen Unsers Gotts
Hauß, und Closter Seittenstötten
angehörigen Ambts, und Dorff
Zelckhing zu behendtigen (auszufolgen)
Zelckhing.


Pranger in St. Leonhard am Forst
 (auch „stellvertretend“)

Wir, von Gottes Gnaden Abt
des würdigen unseres lieben Frauenstiftes und Klosters Seitenstetten, der röm.-kaiserl. Majestät Rat etc., entbieten unserem Richter und (unseren) Geschworenen unseres Amtes Zelking unseren Gruß und alles Gute vorerst, und geben Euch damit zu vernehmen, welchergestalten wir von unserem Hofrichter zu unserem Vergnügen verstanden, dass die zwischen Eurem damaligen Pfarrherrn Herrn Johann Kauffmann, dann dem Tobias Schedlmayer und Joseph Funcken in ein- und anderen vorgewesenen Streitigkeiten in Güte beigelegt wurden. Wann wir nun erstbesagten Vergleich in jeder Hinsicht Confirmiren und bestätigen, daher wollen und befehlen wir Euch hiermit, dass auch Ihr ob solchen haltet und soviel es an Euch ist, beide Untertanen dabei schützt, wie auch diese solche immer nachzukommen (zu) jederzeit anhaltet, oder da Ihr ein solchen Zutun nicht vermögt, die schleunige Erinnerung an unser Hofgericht tun sollt, soweit Punkt Eins. Zweitens Befehlen wir Euch und sämtlichen unseren daselbstigen Amtsuntertanen, dass Ihr diesen und alle künftigen, Euren Seelsorger allen schuldigen Respekt und Ehrerbietung erweist, insbesonders aber in seinen geistlichen Pfarrverrichtungen nicht hinderlich, sondern vielmehr allen schuldigen Gehorsam leisten, den Gottesdiensten, heiligen Messen und Predigten an Sonn- und Feiertagen fleißig, und mit Erbauung beiwohnt, wie auch Eure untergebenen Dienstboten (Knechte und Mägde) und Kinder dazu anhaltet, vor allem aber Befehlen wir Euch, dass Ihr Eure Kinder auf das gleiche in den heiligen allein seeligmachenden christ.-katholischen Glauben unterrichtet werden, fleißig in den Nichtschulischen Religionsunterricht unausbleiblich schicken solltet. Drittens indem wir bereits des öfteren zu unserem höchsten Mißfallen glaubwürdig vernehmen müssen, was gestalten die ledigen Burschen nicht allein (bis) in die späte Nacht in den Wirtshäusern herumfahren, besonders bei ihrem Nachhause gehen mit Jauchzen, Huischreien und anderen Ausgelassenheiten die nächtliche Ruhe stören und neben diesen verschiedenen (auch) anderen Bubenstücken (um von anderem zu schweigen), durch umwerfen und Zertretung der von der Herrschaft Zelking aufgerichteten Prangersäule das frische Beispiel Unfug- und Tätigkeiten zwischen unserem Gotteshaus und daselbstig Herrschaft Zelking Uneinigkeit und verschiedene Streitigkeiten entstehen. Ja, wohl gar kostspielige Prozesse hieraus folgen könnten, also ist an Euch Richter und Geschworenen, unser ernstlicher Befehl, dass Ihr bei Vermeidung unserer Ungnade nach, Eure Amtsschuldigkeit auf solche liederliche Schwärmer und nächtliche Ruhestörer fleißig Obacht haltet, mithin besonders an Sonn- und Feiertagen dergleichen herumgehenden Burschen mittels fleißiger Beobachtung der Gassen und Häuser genaue Obsicht trägt, und wenn Ihr dergleichen auf unseren Grund- und Boden, sei es auf offener Gasse oder (in) Häusern erwischt, alsbald ohne Verschonung, auch ohne Ansehung (einer) Freund- oder Feindschaft, nach Beschaffenheit ihres Verbrechens auf ein- zwei- wohl auch mehrere Stunden in Gewahrsam legt, in größeren Verbrechen aber unverzüglich an unser Hofgericht berichten sollt, auch bisweilen andere Vorkommen, dass in dem Haus des Spenglers zu ungewöhnlichen Zeiten nächtlicher weile Lichter brennen und mit dem Feuer, da es sehr gefährlich zugeht, also sollt Ihr sowohl dem Spengler, als auch anderen Untertanen dieses ernstlich untersagen, auch deswegen eine genaue obsicht tragen und damit Viertens – die Herrschaft Zelking wegen durch den Tobias Schedlmayer und Hans Mayrischen Sohn umgeworfenen Prangersäule und zertrettener Tafel auch über die solcherwegen durch unseren Hofrichter vorgekehrte Bestraffung von neuem mit einem herrschaftlichen Zelkingerischen Untertan, den Schuster und den Bauern aus der Arb verübte Stänkereien vollständige Vergnügen beschert, derweil jüngst unser Hofrichter wegen der mit Uniform aufmarschierten Soldaten selbst vorzunehmen, und zu bestrafen verhindert worden, sollen erstens diese beiden Täter am Platz der mutwillig zertrettenen Tafel auf ihre Unkosten eine andere Tafel machen lassen und dem herrschaftlichen Zelkingerischen Herrn Hofschreiber geziemt ersuchen, womit derselbe auf solches das passende gegen gebührende Bezahlung aufschreiben will, dann sollen beide Täter, weil sie also obsye aller wegen der Verbrechen nur leichter Dinge abgestraft und nichts ausstehen hätten dürfen sich Vermessentlich Vernehmen lassen, dergleichen alle die wegen solche an dem Schuster und dem Bauern aus der Arb, und vielleicht sonstigen verübten Mutwillen Schuld tragen, auf eine Stunde lang in Gewahrsam gelegt werden und damit weiterhin derlei – und alle andere Stänkerei und Mutwillen vermeiden und unterlassen bleiben mögen, Befehlen wir Fünftens dass Unser hiesiger Wirt, wie auch andere Unserer Untertanen, wann selbige etwa der eigene gefechsnete Wein- oder Birnenmost nach hiesiger Gewohnheit um Geld ausgeschenkt wird, selbst (zur) Sommerszeit längstens um 10 Uhr und (zur) Winterszeit auch längstens um 9 Uhr und nicht länger, ihre Wirts- und Schenkhäuser offen halten, nach Verfließung oben genannter Stunden weder solche Burschen, noch andere Einheimische und hier ortsansässige Untertanen ein Aufenthalt nicht gestattet, noch weniger einen Trunk ausfolgen lassen sollen – auf dass aber alle – um soviel besser bewirkt wird, Befehlen – und wollen wir Schlußendlich, dass Sie Richter und Geschworene auch sämtliche übrige hier ortsansässige Untertanen diesen unseren gnädigen und ernstlichen Befehl für Euch selbst fleissigst Beachten, nicht weniger Eure Kinder und Dienstboten in guter Zucht und Ehrbarkeit haltet, mithin bei Euch selbst wohl erwägt, welchergestalten Ihr dermassen ein wegen aller durch Eure Fahrlässigkeit unterlassen Aufsicht und Bestrafung derlei von Euren Kindern und Dienstboten übende Sünden und Missetaten vor den gerechten Göttlichen Richterstuhl genaue Rechenschaft zuzugeben habt, folglich Euch solch fremder Verbrechen nicht teilhaftig macht, allen Fleißes darüber Sorge trägt, womit solch Eure Kinder und Dienstboten zu rechter Zeit, und weil zu Hause seien und dergleichen nächtlicher Herumziehen, langwieriges herumsitzen in Wirtshäusern und Vollgetrunken von selbst nicht gestattet, (noch) weniger selbst ausübt und anderen Ärgernis gebt, wann nun wir ob diesen unseren Befehl und Ordnung, jetzt und künftig Beständig gehalten haben wollen, so erwarten wir uns Eures schuldigen Gehorsams und bleiben Euch übrigens mit Gnaden gewogen.
Gegeben Seitenstetten den September im Jahre des Herrn 1725.

Ambrosius Abt (eigenhändige Unterschrift)
zu Seitenstetten

(Anschriftfeld)

Den Ehrsamen unseren
lieben (und) getreuen Richter, und
Gerichts- Geschworenen unseres Gottes-
hauses und Kloster Seitenstetten
angehörigen Amtes und Dorf
Zelking auszufolgen
Zelking.

(* Dankenswerter Weise von Altarchivar P. Dr. Benedikt Wagner, Stift Seitenstten zur Verfügung gestellt.)

Zeitdokumente in Sachen Kriminalität


  Rundschreiben wegen des entflohenen (und wieder aufgegriffenen) Kriminellen Alexander Hofer aus 1826

 


Beleg in Sachen eines Einbruchdiebstahls 1844 mit abgebrochenen Siegeln (Anschriftfeld und beiden Rückseiten)


Anschriftfeld (vor dem abbrechen der Siegeln!)
Dieser Beleg wird der Vorphilatelie zugeordnet, da es in Österreich erst ab 1850 Briefmarken gab!

 
Dies ist ein so genannter Umlaufbrief (wurde von Herrschaft zu Herrschaft weitergeleitet, welche einstmals eine Gerichtsbarkeit innehatte und war mehrmals gefaltet).
Vom Criminal=Gerichte Zelking zu Melk

An die löbliche Herrschaft zu Melk

In causa Criminali Nr. 27

(So lautet die in ehemaliger Kurrentschrift gehaltene Anschrift)


1. Innenseite (angeführt sind unter anderem, dass eine Taschenuhr, Silberbesteck, … entwendet wurden


2. Innenseite